Fraktionsspeak B145 Michèle Graber Januarsession
Mit der Aufgaben- und Finanzreform 18 (AFR18) sollen Aufgaben und Finanzierung der Staatsaufgaben zwischen Kanton und Gemeinden neu geregelt werden. Insbesondere die neue Aufgabenteilung im Wasserbau und der angestrebte, ausgewogene Kostenteiler für die Volksschule führen dabei zu Kostenverschiebungen in der Höhe von rund 200 Millionen zwischen Kanton und Gemeinden.
Nebenziel bzw. für den Kanton wohl das Hauptzielder AFR18 ist zudem die Entlastung der maroden Kantonsfinanzen um 20 Millionen pro Jahr.
Wir anerkennen, dass eine grosse Aufgabe angegangen wurde und mit viel Arbeit, diversen Verhandlungen eine sehr komplexe Lösungswerk präsentiert hat.
Grundsätzlich unterstütztdie GLP die Neugestaltung der Aufgabenteilungund Finanzierungmit der stärkeren Rolle des Kantons bei Wasserbau und dem 50:50 Kostenteiler bei der Volksschule. Diese Neugestaltung entspricht dem AKV-Prinzip besser und ist eine langjährige Forderung der Gemeinden.
Die AFR18 ist zu einem unüberblickbaren Flickwerkund zu einem Sanierungspaket für die Kantonsfinanzen degeneriert. Wesentlichste Rahmenbedingungen werden nicht eingehalten. Eine für die Gemeinden einigermassen akzeptable Bilanz der AFR geht nur auf, wenn die Mehrerträge aus der Steuergesetzrevision 2020 voll eingerechnet werden, was man - wie übrigens schon beim AFP 19-22 - unredlicherweise getan hat. Ja und das Ergebnis kennen wir, mit der soeben verabschiedeten Steuergesetzrevision
Die rund 200 Millionen welche im Rahmen der AFR zu Lasten des Kantons verschoben werden und die gleichzeitige Entlastung der Kantonsfinanzen um 20 Millionen pro Jahr, müssen also von den Gemeinden Gegenfinanziert werden.
Bei diesen Gegenfinanzierungen hat sich nun aber die Regierung mit tatkräftiger Unterstützung durch den VLG komplett „verrannt“.
Die GLP lehnt die Gegenfinanzierungen aus verschiedenen Gründen ab.
Verletzung des AKV-Prinzipes
Die Kompensationsmassnahmen verstossen
. Die Aufgabenkompetenz, Ausgabenverantwortung und Finanzierung sind nicht auf der gleichen staatlichen Ebene angesiedelt.
Beispiele dazu:
die Gemeinden sollen neu die Ergänzungsleistungen zu 100% selber übernehmen. Dies mit einem festgelegten Beitrag pro Einwohner. Nur haben die Gemeinden keinen Einflussnahme auf die Höhe der einzelnen Beträge und auch keinen Anreiz bzw. keine Möglichkeiten durch gezielte Massnahmen in der Gemeinde selber eine direkte, ev. an Person angepasste Unterstützung anzubieten. Die Pro-Kopf-Beiträge sind zudem unsolidarisch, indem sie in finanzschwächeren Gemeinden eine im Vergleich zum Steuersubstrat deutlich stärkere Mehrbelastung bewirken als in finanzstarken Gemeinden.
Aus denselben Gründen ist auch die Übernahme der Prämienverbilligungen für Sozialhilfeempfänger zu 100% von Gemeinden eine klare AKV-Prinzip-Verletzung
Somit besteht die Gefahr von Fehlentscheiden und Mehrausgaben (Kanton entscheidet, Gemeinde führ aus). Ausserdem sind die vorgeschlagenen Kompensationsmassnahmen zu einem grossen Teil für die grossen Verwerfungen zwischen den Gemeinden mitverantwortlich. Die ausgeglichen werden müssen
Willkürliche Verschönerung der Globalbilanz
Zur Erreichen einer für die Gemeinden akzeptablen Globalbilanz wird auf abenteurlichste Art und Weise mit den Zahlen jongliert. Da werden willkürlich sachfremde Geschäfte wie z.B. der Mehrwertabgabe, die Feuerwehrersatzabgabe, oder die massiv höhere Abschöpfung durch den Kanton bei den Sondersteuern (Neu 70% für den Kanton) eingerechnet. Wichtigster Punkt ist dann aber die Einrechnung der noch nicht genehmigten und umstrittenen Steuervorlage 17 des Bundes sowie der kantonalen Steuergesetzrevision 2020. Diese wurde ja eben in wichtigen Punkten für die AFR geändert., und kostet die Gemeinden weitere Millionen im tiefen zweistelligen Bereich. Wenn letztere vom KR und dann nach einem wahrscheindlichen Referendum vom Volk abgelehnt wird, kostet die AFR 18 die Gemeinden 46 Millionen pro Jahr – nicht maximal 5 Millionen wie der VLG immer als oberste Grenze proklamiert hat.
Durch die neu vorgeschlagene degressive Abschöpfung beim Ressourcenausgleich wird zudem die Wirkung des Finanzausgleichs geschmälert. Besonders stossend ist dabei, dass diese Systemanpassung nicht aus sachlichen Gründen erfolgt, sondern einzig und allein im Hinblick auf eine ausgewogenere Globalbilanz, die sich bereits wenige Jahre nach dem Inkrafttreten der Reform wieder ganz anders präsentieren kann.
Eingriff in die Autonomie der Gemeinden
Eingriff in die Autonomie der Gemeinden erachten wir als grenzwertig. Dies unterstreicht auch eine Studie, die die Stadt Luzern durchgeführt hat. Es geht aus unserer Sicht nicht an, dass die Gemeinden genötigt werden den Steuerfuss auf das Jahr 2020 um einen bestimmten Betrag zu senken, diesen dann im Folgejahr wieder zu heben.
Zeitplan
Das Volk soll über die AFR18 abstimmen, ohne dass die finanziellen Grundlagen auch nur annähernd gesichert sind. Wie bereits ausgeführt, sind die Mehrerträge aus der SV17 und insbesondere aus der kantonalen Teilrevision der Steuergesetzes 2020 in der ominösen „Globalbilanz 3“ eingerechnet. Ohne diese zusätzlichen Einnahmen resultiert für die Gemeinden eine erhebliche Mehrbelastung pro Jahr. Der spezielle Affront gegen die Stimmbürger ist dabei, dass bereits im Mai 2019 über die AFR18 abgestimmt werden soll. Zu diesem Zeitpunkt wird der Kantonsrat knapp die zweite Beratung der Steuergesetzrevision 2020 durchgeführt haben, der Ausgang der Beratung steht in den Sternen, die Konsequenten der Ergebnisse für die Gemeinden sind also noch nicht bekannt. Zudem findet eine allfällige Referendumsabstimmung über die SV 17 ebenfalls im Mai 2019 statt. Somit sollen der KR und Luzerner Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Katze im Sack kaufen. Mit den eingebuchten Erträgen von SV17, Steuergesetzrevision 2020 und den zeitgleichen oder später erfolgten Abstimmungsterminen wird das Volk schlicht und einfach hinters Licht geführt. Dass damit gewissen Parteien die Chance gegeben wird, der AFR18 zuzustimmen aber die Gegenfinanzierung abzulehnen, unterstreicht die Unseriosität des Zeitplanes.
Die Rolle des VLG
Die Rolle des VLG ist aus unserer Sicht in mehrfacher Hinsicht unverständlich. Als Rahmenbedingung für die AFR18 hat sich der VLG immer vehement und ausdrück-lich gegen die Einrechnung von Mehrerträgen aus der SV17 und insbesondere aus der kantonalen Teilrevision des Steuergesetzes 2020 ausgesprochen. Ebenfalls hat der VLG als oberste Grenze der Mehrbelastung der Gemeinden 60 Franken pro Einwohnerin und Jahr bezeichnet. Von diesen entscheidenden Bedingungen hat sich der VLG verabschiedet.
Der Gipfel der Inkonsequenz findet sich Im letzten Schreiben des VLG an die Kantonsrätinnen und Kantonsräte datiert vom 23. November. Darin wird unter Punkt 3 darauf hingewiesen, dass die Gemeinden die Kopplung der AFR 18 mit der Steuergesetzrevision wegen der Verletzung des Grundsatzes der Einheit der Materie ablehnen. Genau dies wird aber im FAG, §20 mit dem Bezug auf die Globalbilanz 3, gemacht. Die Globalbilanz 3 – wie auch immer sich diese dann präsentiert – hängt ausschliesslich von der Änderung des Steuergesetzes ab.
Noch ein Wort zum Projektablauf
Es wurde eine Projektorganisation festgelegt. Schön nach Lehrbuch mit Projektsteuerung, Gesamtprojektleitung und verschiedenen Teilprojekten. Auf Seite 10 der Botschaft ist zu lesen, dass die Projektsteuerung, zusammengesetzt aus 2 Regierungsräten und 2 Vertretern des VLG-Vorstandes, die Hauptverantwortung trage. Das ist wohl richtig. Offensichtlich haben aber dies 4 in verdankenswerter Art und Weise, nicht nur die Hauptverantwortung für das Projekt getragen, sondern die Gesamtprojektleitung komplett ausgehebelt. Die Letzte Sitzung mit den Gemeindevertretern in der Gesamtprojektleitung fand im Januar 2018 statt – also Monate bevor die Botschaft am 1. Mai in die Vernehmlassung ging. Das heisst, dass die Gemeindevertreter (welche nicht in der Projektsteuergruppe sassen) bei der Erarbeitung von B145 zu keinem Zeitpunkt involviert waren. Informiert wurden sie wie wir alle über die vielen Schreiben des VLG … Zudem wurde die Stadt Luzern, ein wesentlicher Zahler der AFR, in den Prozess nicht einbezogen. Es reicht nicht den grössten Player mit zwei Präsentationen abzuspeisen und dies als Mitwirkung zu bezeichnen.
Der gesamte Prozess zur Erarbeitung der AFR18 entspricht definitiv nicht unseren Vorstellungen von demokratischen Prinzipien.
Ich fasse zusammen
- Terminierung absolut unseriös
- Einbezug von höchst unsicheren Vorgaben
- Die Umverteilung der Kosten verletzt das Subsidaritäts-, AKV- und Äquivalenzprinzip
Aus unserer Sicht sollte die Gegenfinanzierung ausschliesslich durch einen Steuerfussabtausch vorgenommen werden. Dies wäre aus unserer Sicht eine echte AFR (und nicht dieses Flickwerk, welches als Jahruntertwurf) angepriesen wird. Mehr dazu beim Rückweisungsantrag der glp.
Übrigens besonders perfid an der vorliegenden AFR-Übung ist nun, dass insbesondere die Steuererhöhungen der Steuergesetzrevision 2020 genau von den selbsternannten Chefökonomen des VLG und von Parteienvertreter mit Vehemenz bekämpft werden wird, die uns jetzt hier im Saal und den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern in den Gemeinden die AFR 18 als Ei des Kolumbus verkaufen wollen.
Die glp tritt nicht ein auf die Vorlage und weist diese Botschaft zurück.
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